Im Interview: Hans-Wilhelm Hagen und Marc Tietz von der Stiftung Neue Musik-Impulse Schleswig-Holstein

Darüber, in einem Erasmus+ Projekt gemeinsam mit internationalen Partnern Lösungen für die Musikbranche zu finden.

Wie können sich junge Musikerinnen und Musiker besser vermarkten? Und wie können Konzerte mit klassischer Musik für ein breiteres Publikum attraktiv gestaltet werden? Mit diesen zwei Fragen beschäftigt sich das Erasmus+ Projekt „The European Digital Music Academy“. Koordinator ist die Stiftung Neue-Musik Impulse Schleswig-Holstein.

Ziel der Stiftung ist es, klassische Musik mit modernen Aufführungsformen zu verbinden und somit auch einer neuen bzw. jüngeren Zielgruppe näherzubringen. Die Stiftung hat sich mit der Kernidee, einen Wirtschafts- und Kulturraum von Hamburg bis Skandinavien voranzubringen, von Beginn an europäisch aufgestellt. Neben dem genannten Erasmus+ Projekt koordiniert sie aktuell das durch Interreg Deutschland-Danmark geförderte Projekt KREATIV LAB – Digital Soundscapes. https://www.digital-soundscapes.de/

Im Interview berichten Hans-Wilhelm Hagen, Geschäftsführer der Stiftung, und der Projektleiter des Bildungsprojekts, Mark Tietz, welche Herausforderungen sie für junge Künstlerinnen und Künstler in der Musikbranche sehen und inwiefern das EU-Projekt „The European Digital Music Academy“ dazu beitragen kann, gemeinsam mit internationalen Partnern Lösungen zu finden.

Inwiefern hat das Enterprise Europe Network Ihrer Stiftung bei der Identifizierung geeigneter EU-Förderprogramme geholfen?

Herr Hagen: Bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein bzw. dem Enterprise Europe Network bin ich schon einige Jahre in der Beratung. In den Gesprächen ging es darum, geeignete Förderprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten für unsere Stiftung zu finden. Es hat sich schnell herausgestellt, dass europäische Fördermittel deutlich besser passen als die von Bund und Land. Auch in Bezug auf den kürzlich genehmigten Erasmus+ Antrag habe ich mich im Vorfeld mit dem Netzwerk ausgetauscht. Das Förderprogramm war nicht nur für uns neu, sondern der Projekttyp hat sich mit der neuen Förderperiode auch etwas verändert. Neben der individuellen Beratung nutze ich zudem den Newsletter des Enterprise Europe Network, um mich über aktuelle EU-Förderinformationen zu informieren.

Wie haben Sie für Ihr Erasmus+ Projekt geeignete Partner gefunden?  Sind auch Unternehmen beteiligt?

Herr Hagen: In dem Projekt bringen wir als Teil der Kreativbranche Hochschulen und Unternehmen aus Frankreich, Dänemark und den Niederlanden zusammen. Neben unserer Stiftung ist aus Deutschland noch die Technische Hochschule Lübeck an dem Projekt beteiligt und soll sich insbesondere mit der Visualisierung von Musik befassen.

Herr Tietz: Außerdem sind auch die Hanse-Hochschule in Groningen und das Musikkonservatorium in Dänemark Projektpartner. Ich habe den Eindruck, dass wir zu den wenigen Projekten in Erasmus+ gehören, die relativ viele Unternehmen eingebunden haben.

Herr Hagen: Zu den Unternehmen gehören Produktionsfirmen aus Groningen [Niederlande, Anm. d. Red.] und Frankreich. Letztere kann Expertise im Recording von Musikstücken einbringen, die dann in die Vermarktung gebracht werden können. Allgemein ist die Suche nach geeigneten Projektpartnern mit viel Arbeit verbunden. Das eigene Netzwerk muss zielgerichtet gepflegt und aufgebaut werden. Das Wichtigste hierbei ist es, Vertrauen aufzubauen – insbesondere natürlich, wenn man sich noch nicht aus vorherigen Projekten kennt. Ich bin stolz, dass uns das für dieses Projekt so gut gelungen ist. Hierbei haben wir natürlich auch Rückenwind von den starken Partnern aus Schleswig-Holstein bekommen.

Welche Erwartungen haben Sie an das neu gestartete Erasmus+ Projekt?

Herr Tietz: Im Rahmen des Projekts soll ein Trainingsprogramm für junge Musiker und Fachleute aus den Bereichen Veranstaltungstechnik und Visualisierung erstellt werden. Ziel ist es, den jungen Profis und Studierenden neue Fähigkeiten im Umgang mit technischen Aspekten zu vermitteln. Am Ende sollen unsere Konzerte natürlich auch für junge Menschen noch attraktiver gestaltet werden.

Herr Hagen: Nicht nur die beteiligten Projektpartner sollen profitieren, sondern auch die jungen Künstler selbst. Für junge Hochschulabsolventen aus dem Kreativbereich stellt sich häufig die Frage, wie man sich am besten darstellt und vermarktet. Denn heutzutage kommen selbst bekannte Künstler nicht mehr ohne Visualisierung ihrer Musik durch YouTube-Videos, Promotionfilme oder ähnliches aus. 

Welche Tipps würden Sie an EU-Projekten interessierten Organisationen mit auf den Weg geben?

Herr Hagen: Wie bereits erwähnt ist es besonders wichtig, im Vorfeld Vertrauen zu den Projektpartnern aufzubauen. Außerdem ist es stets hilfreich, ein eigenes Netzwerk aufzubauen und immer wieder zu erweitern. Ideen können auch als Konzept oder Prototyp getestet werden, bevor man sich auf die europäische Ebene wagt. In Bezug auf die Partnersuche ist es auch sinnvoll, sich auf den entsprechenden Portalen umzuschauen und zu verschiedenen potenziellen Projektpartnern Kontakt aufzunehmen.

Herr Tietz: Es lohnt sich bei der Partnersuche auch ein Blick auf die verschiedenen Bereiche der Hochschulen, die häufig breit aufgestellt sind. Unternehmen zu finden kann ein längerer Prozess sein, da diese thematisch genau zu den Projektzielen passen müssen. 

Herr Hagen: Es beteiligt sich niemand an einem EU-Projekt, wenn es nicht in irgendeiner Weise einen Profit gibt. Dieser kann auch darin bestehen, dass Mitarbeiter in einem Unternehmen ihre Kompetenzen erweitern. Dadurch kann ein Unternehmen in der Region nicht nur seine Attraktivität steigern, sondern sich auch generell besser aufstellen. Gerade in Bezug auf Digitalisierungsthemen ist es sehr wichtig, immer auf dem Laufenden zu bleiben. Wir wollen mit unseren Projekten dazu beitragen, dass unsere regionalen Unternehmen gestärkt werden. 

Herr Hagen und Herr Tietz, wir danken Ihnen beiden für das Gespräch!