Im Interview: Stefanie Engelhard von Unleash Future Boats

Über die Bedeutung von Innovation für ein Deep-Tech-Unternehmen und die Rolle von Frauen im Unternehmertum.

Stefanie und Lars Engelhard wollen mit ihrem Deep-Tech-Unternehmen Unleash Future Boats GmbH eine Antwort auf eine der drängendsten Fragen unserer Zeit bieten, nämlich: Welche Technologien können dazu beitragen, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt begrenzt werden? Das hochgradig innovative Unternehmen beschäftigt sich mit nachhaltigen Mobilitätslösungen. Herzstück ist die Entwicklung autonom fahrender und emissionsfreier Boote und Schiffe. Im Interview berichtet Stefanie Engelhard, welche Bedeutung Innovation für das Unternehmen hat und wie sie die Rolle von Frauen im Unternehmertum sieht.

Welchen Stellenwert nimmt das Thema Innovation in Ihrem Unternehmen ein?

Unser Unternehmen ist aus Innovation entsprungen. Ich würde diesbezüglich sogar von disruptiver Innovation sprechen. Ein besonders wichtiges Thema für unser Unternehmen sind Patente. Ich selbst besitze zwölf Patente, mein Mann besitzt weitere zwölf. Insgesamt können wir mit unseren 20 freiberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unserem Unternehmen auf die Erfahrung aus 120 Patentmeldungen zurückgreifen. Deswegen kennen wir uns mit den Prozessen, die zu einem Patent führen, bereits sehr gut aus. Für die Einstellung neuer Mitarbeitende ist der Besitz von Patenten keineswegs ein Kriterium. Wir sind allerdings ein so dynamisches und innovatives Unternehmen, dass es immer wieder zu neuen Ideen kommt, die dann auch häufig patentiert werden. Gerade in der Kopplung von automobilen Technologien und dem Schiffsbau ist derzeit eine Menge Platz für neue Innovationen. Sobald die nächste Finanzierungsrunde beendet ist, werden wir weitere Patente, die wir bereits formulieren, für unser Unternehmen anmelden.

Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Unternehmen im Hinblick auf nachhaltige Innovationen?

Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig. Denn wir beschäftigen uns hauptsächlich mit dem Thema emissionsfreier Antrieb. Wir versuchen aber zum Beispiel auch, Lieferketten kurz zu halten. Die Finanzwelt muss ebenso umdenken und die Kosten des Klimawandels verstärkt einberechnen. Bisher erwarten alle, dass grüne und nachhaltige Innovationen genau so günstig sind wie bestehende Technologien – zum Beispiel, dass Wasserstoff genauso günstig ist wie Benzin. Dies ist jedoch nicht realistisch. Der Benzinpreis wird vermutlich eher den Wasserstoffpreis übersteigen. Unsere Kunden profitieren dauerhaft von emissionsarmen Produkten, die nicht mit traditionellen Antriebstoffen betrieben werden. Um die Vorteile deutlich zu machen, muss jedoch anders gerechnet werden. Der Einsatz klimaneutraler Technologien und Produkte wird sich vor allem langfristig rentieren. Ich finde die Redensart „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ diesbezüglich sehr passend.

Welche Rolle spielt der Innovationsgrad Ihrer Produkte bei der Suche nach geeigneten Investoren für Ihr Unternehmen?

Wir sind ein Deep-Tech-Unternehmen und werden am Innovationsgrad bemessen. Da es bei der Finanzierung unseres Unternehmens um Wagniskapital geht, werden nicht Unternehmenszahlen aus der Vergangenheit betrachtet, sondern die Möglichkeiten und Entwicklungsperspektiven in der Zukunft. Wasserstoff, autonomes Fahren und die Brennstoffzelle sind innovative Themen, für die sich Investoren durchaus interessieren. Es werden vor allem die Chancen gesehen, weshalb Risiken gerne in Kauf genommen werden. Bisher haben wir noch keine Produkte auf dem Markt. Unsere Technologie ist jedoch erlebbar und validierte Produkte im Angebot. Daher besteht bereits ein großes Interesse bei potenziellen Kunden, für die wir die Produktionskapazitäten planen. Für Investoren ist die Innovationskraft somit zentrale Bemessungsgrundlage.

Sie haben sich in diesem Jahr für den EU Prize for Women Innovators beworben und wurden hierbei auch vom Enterprise Europe Network unterstützt. Der Preis verdeutlicht, dass Frauen in Europa seltener ein Unternehmen gründen als Männer. Welche Rahmenbedingungen können dazu beitragen, dass Frauen vermehrt den Schritt ins Unternehmertum wagen?

Ich habe bei der Bewerbung für diesen Preis festgestellt, dass es leider ein bestimmtes Rollenbild einer „Unternehmerin“ gibt. Meiner Wahrnehmung nach werden Unternehmerinnen in der Öffentlichkeit fast ausschließlich in den Bereichen Medizin, Ernährung, Soziales und Familie thematisiert. In Bezug auf andere Bereiche, zum Beispiel die Luft- und Raumfahrt, den maritimen Sektor oder Robotik, werden Frauen jedoch kaum gezeigt. Das öffentliche Rollenbild der Frau sollte jedoch nicht auf diese Weise eingeschränkt werden. Hinzu kommt, dass für Unternehmerinnen die Finanzierung über Wagniskapital schwieriger ist als für Männer. Dabei gibt es Studien, die belegen, dass von Frauen geführte Unternehmen sehr erfolgreich sind. Wichtig ist es außerdem, früh mit der Förderung von Mädchen in Bezug auf die MINT-Fächer anzufangen. Es gibt eine viel zu geringe Anzahl von Ingenieurinnen und noch viel weniger Ingenieurinnen, die dann auch ein Unternehmen gründen. Die neue Generation von Unternehmerinnen sollte jetzt schon unterstützt werden. Wir haben diesbezüglich noch einen langen Weg vor uns.

Frau Engelhard, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Sie möchten mehr über die Unternehmerin und Gründerin erfahren? Stefanie Engelhard ist ab dem 30. November 2021 im neuen Unternehmerinnen-Podcast „Equalizer“ zu hören.

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