Antifouling-Management von Morgen: Im Gespräch mit Fr. Dr. Linke, Clean Ocean Coatings GmbH

Interview mit Frau Dr. Christina Linke, Mitgründerin der Clean Ocean Coatings GmbH aus Hamburg

Frau Dr. Linke, als promovierte Lebensmitteltechnologin und Mitbegründerin der Clean Ocean Coatings GmbH, können Sie uns etwas über die Mission des Unternehmens und die Innovationen erzählen, die Sie in die kommerzielle Schifffahrtsindustrie einbringen?

Die Clean Ocean Coatings GmbH hat sich zum Ziel gesetzt, die kommerzielle Schifffahrt mit einer neuen Rumpfbeschichtung zu revolutionieren. Unsere umweltfreundliche Oberflächenbeschichtung bekämpft nicht nur Mikroplastik, sondern bietet auch erhebliche Einsparungen für Schiffseigner und -betreiber, indem sie die Resistenzen durch Antifouling reduziert. Das in Zusammenarbeit mit der Phi-Stone AG entwickelte E-Coating kombiniert nanostrukturierte Partikel mit einer Polymermatrix namens Polyramik®. Das Ergebnis ist eine einzigartig glatte Oberfläche, die leicht zu reinigen ist und mindestens zwei Jahre länger hält als herkömmliche Beschichtungen.

Wie ist die Idee für Ecoating entstanden?

Der Ursprung von Ecoating ist etwas legendär. Es war eine zufällige Entdeckung. Wir waren auf der Suche nach einer Anwendung für unser Patent, als jemand vorschlug, es mit Polymeren zu vereinen. Das Ergebnis war eine harte und zugleich flexible Oberfläche. Durch die Nähe zum Meer in Kiel wurde klar, es muss als Antifouling auf einem Schiff getestet werden. Durch einen Kontakt konnten wir gleich zu Beginn Testflächen auf Frachtschiffen anbringen. Es ist bemerkenswert, dass wir seit den ersten Projektversuchen siebeneinhalb Jahre alte Testflächen auf Cargoschiffen haben.

Was führte zur Gründung von Clean Ocean Coatings und wie hat sich das Unternehmen seitdem entwickelt?

Nach drei aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten mit durchweg erfolgreichen Testoberflächen wuchs die Nachfrage nach der Beschichtung. Die Leute fragten, wann sie es kaufen könnten. Dieses klare Interesse zwang uns, uns von der Forschungstransfergesellschaft abzuspalten, in der meine Mitbegründerin Patricia Griem arbeitete. Im Februar 2020, kurz vor dem COVID-19-Lockdown, haben Patricia und ich uns auf einer Konferenz auf Sylt kennengelernt. Sie erzählte mir von dem Problem und ihrer Lösung, aber niemand traute sich, ein Spin-off zu initiieren. Mich trieb der Gedanke an, dass wir seit den 1960er Jahren wissentlich die Ozeane mit giftigen Substanzen verschmutzen. Als wir sahen, dass wir es besser machen konnten, konnten wir diese Innovation nicht im Regal stehen lassen. Wir blieben den ganzen Sommer über in Kontakt und trieben die Idee voran. Während des zweiten Lockdowns im Herbst haben wir an einem Accelerator-Programm (Founder Institute) teilgenommen, das im Februar 2021 zu einem Startup-Stipendium geführt hat. Im Mai 2022 führten wir unsere Seed-Finanzierungsrunde durch.

Wie sind Sie dann auf das EEN / TUTECH aufmerksam geworden?

Mein erster Kontakt mit TUTECH war über das MariMatch auf der SMM 2022 in Hamburg. TUTECH hat sich danach an uns gewandt und Interesse bekundet, unsere Weiterentwicklung zu unterstützen.

Auf welche Weise hat das EEN / TUTECH Sie unterstützt?

Sie haben uns als potenzielle Partner auf der EEN-Plattform aufgeführt, was zu unserer Beteiligung am SEAGLOW-Projekt geführt hat. Diese Verbindung, die vom EEN/TUTECH vermittelt wurde, führte uns auch zu Partnern in Dänemark und Turku Marine. Das EEN hatte Clean Ocean Coatings auch als innovativen Start-up vorgeschlagen, um sich für die Pitching-Sitzung auf der Messe boot Düsseldorf zu bewerben. Wir schafften es nicht nur auf die Bühne, sondern gewannen auch einen kostenlosen Stand, der es uns ermöglicht, auf der boot 2025 auszustellen.

Welche weiteren Erfolge haben Sie seitdem erzielt und welche Partnerschaften oder Projektbeteiligungen haben Sie aktuell?

Wir haben verschiedene EU-Zuschüsse erhalten. SEAGLOW ist ein bedeutendes EU-Horizon-Projekt mit einer maximalen Förderung von insgesamt rund 4,5 Millionen Euro über vier Jahre. Obwohl wir einen kleinen Teil von etwa 120.000 Euro erhalten, können wir damit vier Schiffe beschichten und erhalten Feedback und Bestätigung von drei führenden Forschungsinstituten auf diesem Gebiet: SINTEF Ocean AS, RISE Research Institutes of Sweden AB und der Fraunhofer-Gesellschaft. Das ist unglaublich.

Sind weitere EU-Projekte geplant?

Im Moment nichts Konkretes, aber wir arbeiten daran, insbesondere mit Turku Marine. Wir prüfen LIFE- oder Eurostar-Projektanträge, aber diese befinden sich noch in einem frühen Stadium.

Was sind Ihre Zukunftspläne?

Bis zum Spätsommer planen wir, ein Lotsenschiff zu beschichten. Danach wollen wir die Produktion hochfahren und das Produkt auf den Markt bringen.

Was sind die größten Herausforderungen in Ihrer Branche?

Die Schifffahrtsindustrie ist recht konservativ, was den Markteintritt und die Etablierung neuer Produkte herausfordernd macht. Der Sektor muss von giftigen Beschichtungen zum Antifouling-Management der Zukunft übergehen. Länder wie Australien verlangen bereits, dass Schiffe vor dem Einlaufen in Häfen gereinigt werden, was bei herkömmlichen Beschichtungen schwierig ist. Die Zukunft verlangt nach harten, sicheren Beschichtungen in Kombination mit intelligenten Reinigungslösungen. Mit strengeren Vorschriften und CO2-Preisen ist es für die Schiffseigner an der Zeit, sich anzupassen. Wir sehen eine ähnliche Überzeugung bei Schiffseignern, die bereits Hull-Performance-Management praktizieren. Wir wollen bei diesem neuen Antifouling-Management eine Vorreiterrolle einnehmen.

Haben Sie Konkurrenten mit ähnlichen Beschichtungen oder ist Ihr Produkt einzigartig?

Andere Produkte, die als Hartbeschichtungen gekennzeichnet sind, entsprechen nicht unserer Definition. Unsere Hartbeschichtung ist einzigartig auf dem Markt.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch, Frau Dr. Linke. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Danke!

 

Redaktion: Birgit Möller, EEN HHSH

Foto: Fr. Dr. Christina Linke